Was war das doch für eine unfriedliche, heuchlerische Veranstaltung! Und da drücke ich mich sehr beherrscht aus. Es geht um einen Sangeswettstreit unter Freunden, Ländern der Europäischen Union. Israel gehört dazu, wird aber dieses Jahr mit Hass überschüttet. Wer glaubt, dass der Songcontest unpolitisch wäre, ist naiv. Es ist auch gar nicht schlimm, dass er politisch ist. Unser ganzes Leben ist politisch geprägt und fließt selbstverständlich in die Darbietungen ein. Es gibt Allianzen zwischen den einzelnen Teilnehmerstaaten, die beim Voting zum Tragen kommen. Alles ganz normal.
Nicht normal ist es, Israel Schwierigkeiten bei der Liedauswahl zu machen, sogar den Ausschluss des Landes vom Wettbewerb zu fordern, das einen Verteidigungskrieg führt (keinen Angriffskrieg wie Russland gegen die Ukraine) und die Sängerin zu bedrohen.
Ja, der Wettstreit soll unpolitisch sein. Aber was heißt das? Worüber soll gesungen werden? Über „ein bisschen Frieden“ und „Wein, Weib und Gesang“? Dass den Israelis nicht so ganz danach zumute gewesen sein dürfte, muss tatsächlich erwähnt werden? Dass sie kein Lied gemäß „Friede, Freude, Eierkuchen“ singen würden, musste allen klar sein. Und es ist auch nicht gegen die Regeln des friedlichen Wettbewerbs, wenn man den Verstoß gegen friedliches Zusammenleben thematisiert.
Das ursprünglich geplante Lied mit dem Titel „October Rain“ drückte einfach die große Trauer der Israelis aus, war sehr gefühlvoll und hätte durchaus gesungen werden können. Ich frage mich da schon, wie man auf die Idee kommt, dieses Lied vom Wettbewerb auszuschließen?!
Das Lied musste daraufhin verändert werden und hieß nun „Hurricane“. Dass das Thema das selbe wie vorher war, wird allen klar gewesen sein. Was für ein Zirkus!
Und dann die ganzen Menschen, die ihren Israel- und Judenhass unverhohlen auf den Straßen Malmös kundtun, darunter Greta Thunberg…
Mir tat Eden Golan leid. Man stelle sich einfach vor, man ist zarte 20 Jahre jung. Man ist kaum erwachsen, hat kaum Lebenserfahrung und soll nun sein Land vor dem Hintergrund eines unvorstellbar grausamen Massenmords an seinen Landsleuten vertreten, fern der Heimat, umringt von Presse und bedroht von tausenden Menschen, die einen anfeinden, ja hassen. Man darf sein Hotel nicht verlassen, kann keinen Schritt ohne Security machen, bangt um seine körperliche Unversehrheit, ganz zu schweigen von der seelischen… Und dann kommt der große Moment, in dem unzählige Augen auf einem ruhen, in dem man auf der Bühne live singen muss und bezaubern will, perfekt singen möchte, lächelt und strahlt wie die Sonne. Was für eine Last! Und wie wunderbar hat das Eden Golan hinbekommen! Ich ziehe den Hut und ich hoffe, dass sie die Ereignisse gut verarbeiten kann. Denn solch einen Druck steckt man nicht so einfach weg. Ich habe ihr übrigens den Sieg gewünscht und an dem Abend 30 Mal für Sie gevotet. Und es hat mich sehr gefreut, dass sie vom deutschen Publikum 12 Punkte erhielt.